Sandkrug: Kräuterradtour am 7.4.2006
„Welche Kräuter am Wegesrand sind nicht nur für Kaninchen lecker?“ Diese Frage schien die 14 TeilnehmerInnen zu interessieren, denn sie fanden sich alle am Freitag zu meiner Kräutertour in Sandkrug ein.
Unser erster Stopp war der Parkplatz am Sportplatz.
Dort am Bahndamm finden sich zwei gelbe Schönheiten, die typisch für so einen Ruderalstandort sind: die Königskerze (Verbascum spec.) und die Nachtkerze (Oenothera biennis).
Von der stolzen Pracht der Königskerze des letzten Jahres war nur noch ein trockenbrauner Strunk übrig, der aber schon von weitem ihre Anwesenheit verrät. Am Boden fanden sich dann die Grundrosetten neuer Königskerzen (s. Bild). Alle haben gern diese Blätter gestreichelt, denn durch einen dichten filzigen Haarbewuchs sind sie sehr weich! Die Königskerze bevorzugt trocken-warme Standorte, und dieser Haarfilz schützt die Blattoberfläche vor Austrocknung. Die Blätter der Königskerze gelten nicht als essbar, wohl aber kann man im Sommer von ihren gelben Blütenblättern einige zupfen und als essbare Dekoration verwenden.
Dasselbe gilt auch für die Blütenblätter der Nachtkerze. Diese ebenfalls zweijährige Pflanze kam im 17ten Jahrhundert aus Nordamerika zu uns. Sie wurde als Gemüsepflanze angebaut, denn ihre Wurzeln lassen sich wie Schwarzwurzeln zubereiten und galten als besonders nahrhaft. Auch die Blätter kann man ernten und aus den Samen wird ein besonders wertvolles Öl hergestellt. Wir fanden - wie bei der Königskerze - die Fruchtstände vom letzten Jahr und zahlreiche Grundrosetten (s. Bilder). Die Blätter der Nachtkerze sind nicht behaart und so früh im Jahr oft ein wenig rötlich.
Weiterhin fanden wir am Sportplatz: Große Brennnessel (Urtica dioica), Gundermann (Glechoma hederacea), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) und das Gänseblümchen (Bellis perennis) (s. Bilder).
Die Blätter des Scharbockskrautes sollte man nur ernten, bevor die Pflanze Blüten bildet, da die Pflanze dann noch keine schädlichen Mengen des Hahnenfußgiftes Protoanemonin aufgebaut hat.
Wir fuhren dann weiter ortsauswärts. Am Rinderhagen machten wir einen kurzen Halt an üppig wachsendem Grün, das appetitlich aussah und es vermutlich auch ist. Aber: „vermutlich“ reicht nicht, wenn Verwechslungsgefahr mit einer wirklich stark giftigen Pflanze besteht! Der an allen Wegrändern verbreitete Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris) hat nämlich große Ähnlichkeit mit dem Gefleckten Schierling (Conium maculatum). Ein „Schierlingsbecher“ wurde bekanntlich schon Sokrates gereicht, um sein Todesurteil zu vollstrecken - und niemand von uns ist wohl so hungrig, solch ein Risiko einzugehen.
Zum Vergleich habe ich noch ein Foto des Schierlings im Botanischen Garten Oldenburgs gemacht: „Vergleich“ ist gut: gerade bei den jungen Pflanzen halten sich selbst Fachleute zurück, ein sicheres Urteil abzugeben. Also: auch wenn der Wiesenkerbel in den meisten Wildkräuterbüchern (zurecht) als essbare Pflanze angegeben ist, rate ich vorsichtshalber, ihn stehen zu lassen.
Auch am Landschulheimweg haben wir dann „nicht verwechseln“ geübt. Dort steht entlang der Kuhweide sowohl die Schafgarbe (Achillea millefolium) als auch der giftige Rainfarn (Tanacetum vulgare). Seine Giftwirkung ist allerdings wesentlich schwächer als die des Schierlings. In ausgewachsenem Zustand ist der Rainfarn durch seine kräftig-gelben Blütenköpfchen unverwechselbar, auch der würzige Geruch ist sehr charakteristisch. Aber im zeitigen Frühjahr muss man schon genau hinschauen - und auch schnuppern hilft noch nicht viel, da die Pflanze viele Stoffe erst später im Jahr in größeren Mengen aufbaut. Auf meinem Foto sieht man, dass die seitlichen Fiedern des Rainfarns mit einem kleinen Abstand vom Mittelspross abzweigen und auch das Grün ist ein wenig heller. Die Fiederblättchen des Rainfarns sind lediglich gezähnt, während die Fiedern der Schafgarbe noch weiter fein aufgespalten sind („doppelt fiederteilig“).
Ein weiteres doch recht bekanntes essbares Kraut haben wir im Detail kennen gelernt: An der Abzweigung der Strasse „An den Weiden“ fanden wir am Fuß der Weißdornbüsche die Vogelmiere (Stellaria media). Bei ihr ist entlang des Stängels eine einzelne feine Haarlinie zu sehen (s. Bild). Die Vogelmierenblätter schmeckten nicht allen, auch wenn die Kräuterbücher sie anpreisen… Einen guten Geruch hatte dagegen die dort auch vorkommende Weiße Taubnessel (Lamium album).
Am Ende des Speckmannswegs ist eine große Magerrasenfläche. Dort fanden wir zahlreich den Kleinen Sauerampfer (Rumex acetosella), den Schmalblättrigen Wegerich (Plantago lanceolata), auch wieder die Schafgarbe, und Löwenzahn (Taraxacum officinale). Eine Teilnehmerin riet aber hier vom Sammeln ab, weil die Fläche bei Hundehaltern sehr beliebt sei.
Auf dem Heimweg zeigte ich noch eine weitere besonders giftige Pflanze, den Fingerhut (Digitalis purpurea) (s. Bild): der war allen bekannt. Und auch den Giersch (Aegopodium podagraria) brauchte ich nicht weiter vorzustellen - dieses gute Wildgemüse darf aber bei keiner Kräutertour fehlen!
In dem Kiefernwäldchen hinter der Kirche zeigte ich dann noch im Vorbeigehen zwei Spechtbäume. Bei dem einen hatte ich zuvor beobachtet, wie zwei Dohlen Nistmaterial in eine Höhle trugen und konnte daher den Baum für Tierbeobachtungen empfehlen.
So war das Ganze wohl eine echte NABU-Tour, die hoffentlich gefallen hat!
Die Fotos stammen alle von mir, ich habe sie ein paar Tage vor der Veranstaltung an den beschriebenen Orten gemacht. Hier kommen sie noch einmal als Archiv in hoher Auflösung zum Download: Fotos NABU Kräutertour Sandkrug 2006-04-07